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Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
#7
Aegypten_smilies_0014 
Lieber Elevation eight,

Deine Argumente kann ich sehr gut verstehen. Um zu verstehen, warum ich Karl Popper immer noch glühend verteidige, muss ich Euch von der Situation der Geisteswissenschaften berichten, als ich 1985 in Freiburg mein Studium begann. Da schwebte über dem Zentralgebäude noch der Geist des alten Heideggers. In Philosophie studierte ich Nitsche, Hölderlin, Meister Eckard und die neue Philosophie der damaligen Professorin Ute Guzzoni. Heiddeger selber stand natürlich auch auf dem Plan. In der Politwissenschaft lehrte auch noch die alte Garde. Diese dachte nicht an Empirie, sondern noch voll normativ-ontologisch. Empirische Politikwissenschaft wurde uns so gut wie gar nicht beigebracht. Als Mathematiker war ich da noch am ehesten von der Philosophie eines Thomas Hobbes phasziniert.

In der Philosophie hatte ich einen Nachhilfelehrer. Dieser war so tief in diesem Denken versackt, dass es ihm nicht mehr möglich war, sich mit anderen Menschen noch vernünftig zu unterhalten. Ich war damals sein einziger Freund und Schüler. Wir trafen uns immer einmal die Woche in seiner Wohnung, wo er mir bis in die frühen Morgenstunden hinein seine Weisheiten lehrte. Er selber wurde zum Opfer seines eigenen Denkens, für mich war da in diesem Umfeld Karl Popper ganz einfach mein Seenot-Rettungsboot.

Außerdem hat Karl Popper Jüdische Wurzeln und diese Lehrer sind mir von allen ganz einfach immer noch die liebsten. Das habe ich den Nazis auch ziemlich übel genommen, dass sie unsere ganzen guten Lehrer vernichtet, oder ins Ausland vertrieben haben. Das war nach dem Tod meines Vaters auch mein größter Kummer, dass nämlich mit ihm nicht nur mein Vater, sondern auch der letzte gute Lehrer gegangen war.

Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, bis ich dann wieder wirklich gute Lehrer fand. Gott sei Dank ist das jetzt alles schon Geschichte und ich bin überglücklich, dass es in der Welt wieder so viele gute Lehrer gibt, die auch nicht mehr im Verborgenen arbeiten, sondern sich auch in der Öffentlichkeit zeigen.

Liebe Grüße
Matthias
[Bild: aegypten_smilies_0014.gif]
Nicht die Jahre in unserem Leben zählen, sondern das Leben in unseren Jahren zählt. (A.E. Stevenson)
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RE: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde - von Matthias - 06.09.2019, 07:24

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